Alte Bekannte
„Schottland.“ Wer uns schon länger verfolgt, hat dieses Wort sicherlich schon oft in unterschiedlichen Betonungen und Klangfarben von uns hören oder lesen können. Mystisch, rau, wild, neu, abenteuerlich. Ein Ort voller Magie, zu dem wir immer wieder zurückkehren – und jedes Mal aufs Neue variierende Attribute finden, um das Gefühl dieses Ortes am besten zu beschreiben.
Als ich dieses Jahr zum insgesamt achten Mal durch die Highlands fuhr, merkte ich, dass viele der Beschreibungen, die ich in der Vergangenheit für diese Gegend genutzt habe, nicht mehr zutreffen. Was vor wenigen Jahren noch die perfekte Umschreibung war, verfehlt nun meine Wahrnehmung – sie hat sich offenbar verändert.
Das Gefühl, an jeder Ecke etwas zum ersten Mal erleben zu können, das unbändige Streben nach Neuem, die tiefe Aufregung angesichts der Landschaft – all das ist etwas abgeflacht. Stattdessen hat sich eine Ruhe eingestellt. Am ehesten lässt sich dieses Gefühl mit der Vorfreude auf ein Wiedersehen mit einem guten alten Bekannten vergleichen. Dem Streben nach Neuem folgte der Wunsch nach Wiederholungen. Das erneute Erleben von Momenten, das Genießen vertrauter Plätze.
Knapp zwei Wochen verbrachten wir diesen Februar wieder in einer meiner Lieblingslandschaften. Wir besuchten „unsere“ Hasen, die immer gleiche Vogelfütterung, bestaunten dieselben Bergkuppen wie jedes Jahr. Und auch wenn sich das jetzt eingefahren lesen mag – das Gefühl, aus dem Bekannten neue Fotos formen zu können, kam mit jedem Tag stückweise zurück.
Wie faszinierend sind die Spiegelungen in den Augen der Schneehasen? Wie konnten wir das Rütteln der Buchfinken bisher fotografisch übersehen? Und warum haben wir Mehrfachbelichtungen der Berge vor allem in Norwegen gemacht, aber nicht hier? Meine Faszination für die Natur und fremde Orte verändert sich im Laufe der Zeit. Und das ist in Ordnung.
Dieses Jahr stehen neue Reiseziele auf dem Plan, auf die ich mich unglaublich freue. Neue Tiere, Orte, Gerüche, Farben und Eindrücke warten darauf, mich zu überwältigen – und ich kann es kaum erwarten. Dennoch: Einen Mittelweg zwischen Neuem und Bekanntem zu finden, fühlt sich für mich nach der idealen Kombination aus Naturbegegnungen an.
Neues elektrisiert, Vertrautes erdet. Beides inspiriert.